Zahlen und Fakten

Eine Analyse des pflegerischen Bedarfs und der entsprechenden Angebote vor Ort ist Voraussetzung für die Planung der pflegerischen Versorgung.
 
Pflegebedürftigkeit, bundesweit:
Das Risiko, pflegebedürftig zu werden, steigt mit dem Alter. Die Grafik zeigt den Anteil der Pflegebedürftigen in den höheren Altersgruppen. (in Anlehnung an Angaben des statistischen Bundesamtes Destatis 2023). 

Demenz, bundesweit:
Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken steigt ebenfalls mit dem Alter. Es werden regelmäßig epidemiologische Studien durchgeführt, die den Krankenanteil in den höheren Altersgruppen ermitteln. Diese Studien werden alle zwei Jahre überprüft, um mögliche Schwankungen und auch den Einfluss der Lebensweise späterer Jahrgänge zu erfassen. Details finden Sie hier. Die Studie 2020 hatte einen signifikant niedrigeren Krankenanteil ergeben als in den Vorjahren, was Hoffnung auf den Erfolg von Präventionsmaßnahmen förderte. Bei der Studie 2022 wurde erstmals auch das Auftreten von Demenz bei jüngeren Menschen (40 bis 64 Jahren) untersucht. Es handelt sich hier um geburtenstarke Jahrgänge handelt, wo auch die gefundene Prävalenzrate (unter 1%) zu beachtlichen Krankenzahlen führt.
 
Kennt man in einem bestimmten Gebiet die Einwohnerstatistik nach dem  Alter, lässt sich mit Hilfe dieser Prävalenzraten die Häufigkeit von Demenzerkrankungen annähernd berechnen. Es ist zu beachten, dass Studien von Krankenkassen zu deutlich niedrigeren Ergebnissen führen, weil dabei nur die Fälle erfasst werden, wo bereits eine Demenzdiagnose vorliegt und Leistungen der Krankenkasse damit in Verbindung gebracht werden können.  

Die pflegerische Versorgung, allgemein: Durch den demografischen Wandel ist der pflegerische Bedarf in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Gleichzeitig sind die Angebote in den meisten Bereichen gesunken. Als Ursache dafür gilt der Personalmangel in der Pflege. Diese Entwicklung hat vielerorts in den Pflegenotstand geführt.

  • Pflegende Angehörige leisten bisher den größten Anteil der pflegerischen Arbeit; das ist auch der Erhebung des statistischen Bundesamtes zu entnehmen. Die Auswirkungen des Pflegenotstandes auf die häusliche Pflege sind der aktuellen VDK-Studie "Häusliche Pflege am Limit" (2022) zu entnehmen. Dass viele pflegende Angehörige am Ende sind, wird auch in der Beratung deutlich: Pflegebetroffene im häuslichen Bereich finden oft keine Hilfen.
  • Der Fachkräftemangel im Pflegebereich gilt als Hauptursache für die Begrenzung der pflegerischen Angebote. Es ist zu berücksichtigen, dass es dort eine sehr hohe Abwanderungsquote des Personals gibt. Die "Ich pflege wieder, wenn ... Studie" benennt vor allem die Arbeitsbedingungen und Strukturen, die sich ändern müssten, damit ein Teil der ausgebildeten Pflegkräfte in den erlernten Beruf zurückkehren könnte. Verstärkt wurde die Abwanderung auch durch die erschwerten Bedingungen unter der Pandemie.
  • Der erhebliche Preisanstieg bei den pflegerischen Angeboten seit 2022 ist bedingt durch den (berechtigten) Anstieg der Lohnkosten. Diese Erhöhung wird leider nahezu ausschließlich den Pflegebetroffenen auferlegt. Das führt dazu, dass viele Pflegebetroffene sich die notwendigen Hilfen nicht mehr leisten können. Das heißt, die Nachfrage sinkt, nicht aber der eigentliche Bedarf. Für die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung ist der demografische Wandel eine riesige Herausforderung. Es ist zu bedenken, dass es sich bei Pflegebedürftigkeit und Demenz nicht um das Problem einer Minderheit handelt. Ganze Familien sind mitbetroffen. Und das Risiko, selbst zu erkranken, betrifft letztlich alle Menschen, die nicht im jüngeren Alter sterben.

Stadt Oldenburg

Der pflegerische Bedarf lässt sich vor allem aus der Altersstruktur der Stadt abschätzen. Der Versorgungsgrad  beschreibt die Anzahl von Pflegeplätzen (z.B. ambulante Pflege, teilstationäre Tagespflege, oder stationäre Heimplätze) in Bezug auf die Anzahl von hochaltrigen Menschen (z.B. 1.000 Einwohner über 80 Jahre). Seit 2015 hat die Alzheimer Gesellschaft Oldenburg e.V. die Einwohnerstatistik der Stadt (Tab. 0218-1, nach Lebensalter, Familienstand und Geschlecht) verfolgt.  

Die Anzahl der Demenzerkrankten wurde mit den bundesweit üblichen Prävalenzraten in den Altersgruppen berechnet. Es handelt sich um eine Schätzung, aber auf der Basis wissenschaftlicher Studien. Demnach ist derzeit (Stand 12/2022) in Oldenburg insgesamt mit ca. 3.300 Demenzerkrankten zu rechnen; von denen ca. 200 "jung" (im Alter von 40 bis 64 Jahren) an Demenz erkrankt sein dürften. Eine geschlechtsspezifische Betrachtung zeigt, dass Frauen wegen ihrer höheren Lebenserwartung in besonderer Weise von Demenz betroffen sind. 

Die Studie ermöglich auch eine (weniger genaue) Schätzung der Anzahl der Neuerkrankungen. Demnach ist in Oldenburg derzeit mit ca. 800 Neuerkrankungen im Laufe eines Jahres zu rechnen. Diese Zahl erscheint sehr hoch. Es ist aber zu berücksichtigen, dass im gleichen Zeitraum auch viele Menschen mit einer Demenz sterben. Der Anstieg der Demenzerkrankten aufgrund des demografischen Wandels ist im vergangenen Jahr ungefähr mit 200 anzunehmen. 

Pflegerische Angebote für Menschen mit Demenz:
Obwohl die Anzahl der Einwohner 80+ Jahre in der Zeit von 2015 bis 2022 um ca. 3.000 Personen deutlich angestiegen ist, hat sich die Anzahl der Hilfsangebote seitdem hingegen verringert. Auf jeden freiwerdenden Pflegeplatz in der Stadt bewerben sich also viele Pflegebedürftige. In dieser Konkurrenzsituation sind Menschen mit Demenz im Nachteil, weil ihre Pflege und Betreuung i.d.R. viel Geduld erfordert; d.h. Zeit, die den überlasteten Einrichtungen nicht zur Verfügung steht.

Beratung: In jedem Fall wird es zu Beginn der Erkrankung Beratungsbedarf geben. Auch später ist Beratung notwendig, wenn sich in den verschiedenen Phasen der Erkrankung der Hilfebedarf verändert. Wie man der Auflistung entnehmen kann, gibt es Beratungsstellen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund. Eine zahlenmäßige Erfassung ist schwierig. Neben den unabhängigen Beratungsstellen bieten auch diverse Anbieter von Pflegeleistungen, und die Kostenträger Beratung an.  

Entlastung durch Ehrenamtliche: Im Umgang mit Demenz geschulte Ehrenamtliche können pflegende Angehörige im häuslichen Bereich für einige Stunden in der Woche unterstützen; i.d.R. mit einer Aufwandsentschädigung. Dafür steht der "Entlastungsbetrag" zur Verfügung, den anerkannte Einrichtungen mit der Pflegeversicherung abrechnen können.   

Ambulante Dienste:  Es gibt derzeit 25 Anbieter von ambulanter Pflege und Betreuung. Die genaue Anzahl der ambulanten Pflegeplätze ist uns nicht bekannt. Es gibt Berichte, dass in den letzten Jahren Pflegeverträge gekündigt werden mussten, weil das Personal fehlte. Das Unterangebot an professionellen Hilfsangeboten im ambulanten Bereich führt dazu, dass die zweckgebundenen Leistungen der Pflegeversicherung (Sachleistung, Entlastungbetrag) nicht in Anspruch genommen werden können, obwohl sie gebraucht werden und den Menschen aufgrund der Anerkennung eines Pflegebedarfes eigentlich zustehen würden.

Teilstationäre Tagespflege: kann einen Heimaufenthalt hinauszögern oder sogar verhindern. Die Kosten dafür werden annähernd in Höhe der doppelten Sachleistung von der Pflegeversicherung übernommen. Allerdings ist die Kostenübernahme bei den Anfahrten durch die Pflegeversicherung  auf 7 bis 8 € begrenzt, so dass das Angebot eher am Stadtteil orientiert ist. Im gesamten Stadtgebiet gibt es z.Z. acht Tagespflege-Einrichtungen mit insgesamt 159 Plätzen.  

Ambulant betreute Wohn-Pflege-Gemeinschaften:
sind eine Alternative zum Heim, die Demenzkranken ein weitgehend selbstbestimmtes Leben bis ans Ende ermöglichen. Sie bieten zudem bessere Arbeitsbedingungen und leiden daher nicht so stark unter Personalmangel. Gegenwärtig gibt es in der Stadt sechs Wohn-Pflege-Gemeinschaften mit einem Demenzkonzept, in denen 60 Pflegebedürftige versorgt werden. 2015 gab es fünf Wohn-Pflege-Gemeinschaften im Stadtgebiet und zwischenzeitlich sogar neun. Aber 2022 mussten drei Projekte wegen sehr hoher Auflagen der Baubehörde geschlossen werden. Dadurch kamen der Stadt 30 demenzgerechte Dauerpflegeplätze abhanden.  

Heime (auch für Menschen mit Demenz): Die stationären Einrichtungen sind i.d.R. der letzte Ausweg, wenn es zu Hause nicht mehr geht. In der Stadt Oldenburg gibt es derzeit 22 Einrichtungen, die mehr oder weniger gut auf die besonderen Probleme bei der Versorgung von Menschen mit Demenz eingestellt sind. Von den insgesamt 1.791 Betten dürfen jedoch 300 wegen Personalmangel nicht belegt werden. Will man die Entwicklung von Angebot und Nachfrage im Pflegebereich über einen Zeitraum verfolgen oder auch die Versorgungssituation in verschiedenen Gebieten vergleichen, ist es üblich, den sog. "Versorgungsgrad" als Maßstab zu nehmen, d.h. die Anzahl von Pflegeplätzen pro 1.000 Einwohner im höheren Alter zu betrachten. Konkret:

2015: standen für 8.046 Einwohner*innen über 80 Jahre insges. 1.679 Heimplätze zur Verfügung. Für 1.000 Einwohner*innen über 80 Jahren standen damals also 208 Heimplätze zur Verfügung.  
   
2022: ist die Anzahl von Personen in dieser Altersgruppe um weitere ca. 3.100 Personen angestiegen. Wollte man das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage (Versorgungsgrad) auf dem Stand von 2015 halten, hätte man für diese Menschen (3,1x 208 =) 645 neue Heimplätze neu schaffen müssen. Realität ist aber, dass nur 112 neue Heimplätze gebaut wurden. Die 300 nicht belegbaren Betten müssen hingegen wieder abgezogen werden.
 
Schaut man nur auf die Probleme der Heimbetreiber, fehlt das Personal für die 300 vorhandenen, aber nicht belegbaren Betten. 

Schaut man auf die die Bedarfe von pflegebedürftigen Menschen, fehlt ebenfalls das Personal für die 300 vorhandenen Betten. Darüber hinaus fehlen aber auch weitere ca. 500 Betten und das entsprechende Personal, die für den demografischen Wandel notwendig gewesen wären. Insgesamt fehlen also ca. 800 Dauerpflegeplätze, um das Verhältnis von Angebot und Nachfrage (und damit die Wahlmöglichkeiten) wieder auf den Stand von 2015 zu bringen.

Wenn es zu Hause nicht mehr geht, muss man also Glück haben, um einen Heimplatz zu finden (aufgrund von Todesfällen wird immer mal ein Platz frei werden). Braucht man aber kurzfristig einen Platz, muss man bereit sein, einen Heimplatz bis weit im Umland zu akzeptieren. Dort gibt es manchmal auch noch freie Plätze in Wohn-Pflege-Gemeinschaften, die für Menschen mit Demenz besonders geeignet sind. Im äußersten Notfall kann der Arzt einen hilfebdeürftigen Menschen auch mit einer sozialen Indikation in ein Krankenhaus überweisen. Wobei "Demenz im Krankenhaus" bekanntlich ein besonders großes Problem für alle Seiten ist. 

Zu beachten sind auch die massiven Preiserhöhungen in der Pflege. Durch Recherchen auf den Portalen der Kostenträger (AOK-Navigator und vdek-Lotse) haben wir versucht, die Preisentwicklung in den Heimen (auch im näheren Umland von Oldenburg) zu verfolgen. Aber leider sind die Angaben hier zu den Kosten in fast allen Fällen widersprüchlich und daher verwirrend. Laut § 7 Abs. 3 und 4, SGB X müsste Transparenz bei den Kosten und Leistungen in der Pflege gesichert sein. Das ist offenbar nicht der Fall. 
 
Alzheimer Gesellschaft Oldenburg e. V. · Lindenstraße 12 a · 26123 Oldenburg · Tel.: 0441/926 69 39 · E-Mail: info@alzheimer-oldenburg.de
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